Gedenkenswert

Warum die Evangelische Kirche jetzt einen Online-Friedhof hat

Werfen Sie mal einen Blick auf www.gedenkenswert.de!

Erinnerungen pflegen, Kerzen anzünden und Mitgefühl bekunden: Dies geschieht traditionell auf dem Friedhof. Hier bekommt der Tod Raum. Und auch wenn das nicht schön klingt, ist es doch wichtig: Die biographische und kulturelle Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit gehört notwendigerweise zum Leben. Die Kirche ist dabei ein bewährter Begleiter und der christliche Glaube hilft beim Loslassen. So erstaunt es nicht, dass Friedhöfe. ursprünglich direkt neben der Kirche eingerichtet wurden. In den Kirchengemeinden, die bis heute einen eigenen Friedhof haben, ist dieser ein öffentliches Ort und ein soziales Netz im besten Sinne.


Zugleich ändert sich unsere Trauerkultur: Zunehmende Mobilität erschwert die Pflege eines Grabes. Anonyme Beisetzungen nehmen zu. Und die rückläufige Zahl von Zeitungslesern bedeutet auch, dass eine Traueranzeige von weniger Menschen gelesen wird. Stattdessen werden persönliche Botschaften von immer mehr Menschen mit Hilfe von „Social Media“ kommuniziert. Kein Wunder also, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Online-Friedhöfen entstanden sind. Die bekanntesten unter ihnen verfolgen allerdings ein kommerzielles Interesse: Mit Werbung zwischen den Erinnerungsseiten und kostenpflichtigen Zusatzangeboten wird Geld verdient. Auch der Datenschutz entspricht nicht den hohen Standards unserer Kirche. Deshalb macht die Evangelische Kirche jetzt seit Ostern 2021 ein eigenes seriöses Angebot: Auf www.gedenkenswert.de können Sie ganz einfach und verlässlich kosten- und werbefrei eine Erinnerungsseite an einen Verstorbenen einrichten. Kondolenzbotschaften hinterlassen, virtuelle Kerzen anzünden und entdecken, was anderen Menschen in ihrer Trauer hilft.

 

Die Toten und der Datenschutz

"Darf ich das denn?", fragen immer wieder Menschen, die auf der Trauerplattform Gedenkenswert eine Erinnerungsseite anlegen wollen. Sie sind Freund*innen oder Kolleg*innen des Toten und würden gerne an ihn erinnern. Dieser Mensch war ihnen vertraut und wichtig, aber "...ich bin ja trotzdem nicht mit ihm verwandt!?"

Was den Datenschutz angeht, kann hier weitestgehend Entwarnung gegeben werden. So seltsam es klingt: Toten werden keine Persönlichkeitsrechte mehr zugebilligt. Das bedeutet, dass auch die Datenschutzgesetze, die für Lebende gelten, nicht auf sie übertragen werden können. Es muss also nicht das Privileg der Familienangehörigen oder Erb*innen sein, eine Erinnerungsseite für einen Verstorbenen anzulegen. Rechtlich betrachtet dürfen das auch Freunde, Bekannte, Kolleginnen postum tun. Dabei müssen allerdings die folgende Punkte Berücksichtigung finden:

 

  •     Wer mit dem Posten der Fotos ein wirtschaftlichen Interesses verfolgt, muss die Einstimmung der Erben einholen - mindestens zehn Jahre lang.
  •     Das hochgeladene Material darf keinen materiellen Wert darstellen, so dass dessen Verwendung auf Kosten der Vermögensinteressen der Erb*innen ginge. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn Lieder einer verstorbenen Musikerin gepostet würden, Fotos eines Models oder Texte einer Autorin. Die Urheber- und Lizenzrechte werden mit dem Tod nämlich nicht hinfällig, sondern gehen an die Erb*innen über.
  •     Sobald Fotos hochgeladen werden, sind die Bildrechte zu achten. Wenn z.B. eine Profifotografin oder eine Reporter*in die Aufnahmen gemacht hat, sind diese auch nach dem Tod der abgebildeten Person nicht rechtefrei.
  •     Bei Fotos, die den Verstorbenen zusammen mit noch lebenden Menschen zeigen, ist natürlich der Schutz der Daten der Lebenden zu beachten. Neben der verstorbenen Großmutter ihre drei Enkel? Hier greifen dann natürlich die sehr viel strengeren Schutzbestimmungen für die Lebenden!

Aber es geht nicht nur um die rechtlichen Fragen

Digitale Kommunikation birgt Chancen für die Trauergemeinden. Aber sie kann auch zu neuen Aushandlungsproblemen unter Hinterbliebenen führen. Nachdem über viele Jahrzehnte der Tod immer mehr zur "Privatangelegenheit" wurde, kehrt die Trauer jetzt über das Internet in den öffentlichen Raum zurück. Wenn eine größere Zahl von Trauernden eigene Erinnerungen an den Verstorbenen postet, können diese einander wunderbar ergänzen und einen resilienzstärkenden Austausch ermöglichen. Aber es ist auch denkbar, dass sie miteinander konkurrieren oder sogar einander wiedersprechen.

Hier ist Empathie und Fingerspitzengefühl angebracht. So wie wir uns in "echten" Begegnungen mit Trauernden um ein rücksichtsvolles und sensibles Auftreten bemühen, ist auch in digitalen Medien alles zu vermeiden, was als übergriffig oder verletzend erlebt werden kann.